Liebe ist nicht gleich Liebe

  • Vom 5. März 2024

Ich gestehe, ich schaue abends beim Kochen Netflix. Ich hatte gerade eine neue Serie angefangen und mochte die Charakteren irgendwie. Doch zunehmend bekam ich schlechte Laune. Und keiner mag ein Abendessen, das nach Ärger schmeckt.

Was mich so ärgerte: Die Hauptfiguren hatten alle ein großes Herz und würden von sich behaupten zu lieben. Aber Liebe ist eben nicht gleich Liebe. Mancher Liebe liegt die Freude zugrunde und mancher Liebe der Schmerz. Die Menschen, die in der Serie zusammentrafen, kannten nur eine Form der Liebe: die Liebe im Schmerz.

Gewiss, es ist nur eine Serie. Doch ich gehe davon aus, dass die wenigsten Menschen den Unterschied kennen. Wir folgen in Liebesdingen blind unseren Ursprungsfamilien. Darum liebe ich die Pubertät: Hier bekommen junge Menschen die Möglichkeit, die Muster zu hinterfragen. Sie entdecken die Welt – und andere Haltungen zum Leben und zur Liebe.

Liebe im Schmerz hat einen Preis. In der Serie gab es einen Mann, der seine Frau bei der Geburt der gemeinsamen Tochter verlor. Eine Frau wollte unbedingt Mama werden, ließ die guten Männer aber ziehen. Ein anderer Mann hatte vier Kinder adoptiert und fühlte sich immer noch ungenügend. Alle drei waren – in der Serie – Ärzte und halfen ihren Patienten mit viel Liebe. Aber aus dem Schmerz heraus. Zum Preis des Verzichts auf ein eigenes gutes Leben. Leistung mit dem Ziel, den Schmerz nicht zu fühlen.

Menschen, die die eine oder andere Form von Liebe leben, kommen im Alltag übrigens nie ganz zusammen. Es gibt immer Missverständnisse, die bis in die Unternehmen hineinreichen, in denen sie arbeiten. Es ist, als würden sie an anderen Ufern stehen, zwischen ihnen das Wasser, das sie durchqueren müssten, um zum anderen zu kommen. Das ist anstrengend. Darum finden in Serien und im echten Leben nur die Menschen zueinander, die innerlich die gleiche Haltung zur Liebe haben – privat wie beruflich.

In der Serie kamen übrigens der Mann, der seine Frau verloren hatte, und die Frau, die unbedingt Mama werden wollte, zusammen. Was als Staffelfinale gedacht war, löste in mir Verstörung aus. Wo soll das hinführen? Menschen, die Liebe im Schmerz pflegen, müssen sich stets – und unbewusst – bestätigen, dass es nur im Schmerz geht. Darum klappen manche Dinge dann nicht oder sie sind schwierig oder führen wieder zur Trennung. Sie bestätigen sich letzten Endes nur eines: Liebe ist Schmerz. Das ist wohl der größte Preis, den wir zahlen: Wir kommen nie an und sind immer getragen von der Sehnsucht.

Die Serie heißt „New Amsterdam“.

Das Leben ist eine innere Haltung. Das, was wir im Innen halten, wird uns im Außen entgegengebracht. Ändern wir das Innen, schaffen wir im Außen neue Realitäten.

Foto: kaboompics

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