Was Beziehungen zu Fall bringt: die Weigerung zu nehmen

  • Vom 29. Februar 2024

Gehören Sie zu den Menschen, für die Geben seliger als Nehmen ist? Nun, sie wären in bester Gesellschaft. Denn viele halten lieber die eigene Unschuld aufrecht, als sich von anderen etwas geben zu lassen. Bisweilen geschieht das sogar in bester Absicht und sozial ist es ohnehin angesehen.

Ihre Beziehungen fördert diese Haltung nicht. Denn die, die in der Schuld wären, etwas zu geben, müssen irgendwann gehen, weil sie ihre Schuld nicht ausgleichen können. Ihnen wird schlicht die Ebenbürtigkeit verweigert.

Ein Beispiel: Bezahlt eine Frau ihrem Mann das Studium, wird der Mann, wenn er mit dem Studium fertig ist und nicht ausgleichen kann oder darf, böse und die Frau verlassen. Böse wird in einer Beziehung immer der, der den Ausgleich nicht erreichen kann.

Auch bei Menschen mit Depression beobachte ich die Weigerung zu nehmen. Zunächst bezieht sich diese auf die Eltern. Sie wollen nichts von ihnen nehmen, weil die Eltern entweder nicht zur Verfügung standen oder ihnen etwas angetan haben. Manche rechtfertigen das Nichtnehmen damit, dass das Angebotene nicht das Richtige oder zu wenig sei. Später überträgt sich die Weigerung – unbewusst – auf andere Beziehungen. Manche verweigern sich dem Leben insgesamt und den guten Dingen, die das Leben geben möchte.

Menschen, die nicht oder sehr eingeschränkt nehmen, laufen sich selbst und ihrem Leben regelrecht hinterher und sind zutiefst unerfüllt, weil nichts gelingen will. Am Ende wissen Sie nicht, wer sie sind, stehen in einseitigen Beziehungen und suchen in denen, die von ihnen nehmen, sich selbst zu erkennen – in deren Feedback und Anerkennung. Doch selbst das wird nicht genügen und so stellt sich irgendwann die Frage nach dem Lebenssinn. Die Endstation einer solchen inneren Haltung beruflich ist Burnout.

Was wäre die Lösung? Wir müssten herabsteigen in die Gefilden des irdischen Lebens und uns dem Kreislauf aus Geben und Nehmen wieder anschließen. Wir müssten anerkennen, dass es keine potenzialfreien Eltern gibt – wir sind der beste Beweis – auch wenn sie sich noch so schlecht benommen haben. Wir dürften das Geschenk des Lebens annehmen, unsere Gaben und Potenziale, und gleichzeitig anerkennen, dass auch wir soziale Wesen sind, die auf andere angewiesen sind. Das Beste, zum Beispiel Kinder, entsteht ohnehin nur im Wir, in einem Akt aus Geben und Nehmen.

Ich bin Katja Fesselmann, Heilpraktikerin für die ganze Familie. Ich liebe das Leben und den Menschen, staune über die Phänomene, die beide hervorbringen können – und bin für gute Beziehungen.

Foto: Matt Bennett (Unsplash)

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